Angela Mohr, Fachbereichsleiterin für die Sanitätsfachgeschäfte, ist seit 43 Jahren ein und demselben Unternehmen treu geblieben. Von der Ausbildung bis zu Ihrem 60. Lebensjahr hat sie viele Stationen in diesem Unternehmen durchlaufen. Zeit für ein Interview. Anja Schlicht hat mit Angela Mohr über ihre vier Jahrzehnte bei OTB und GHD gesprochen.
Am 1. September zähltest Du Dein 43. Dienstjahr bei der OTB. Ein 43jähriges Dienstjubiläum ist ja üblicherweise kein Jubiläum, das gefeiert wird, aber in der heutigen Zeit ja kaum noch vorstellbar. Wie fühlst Du Dich?
Ein entscheidender Grund, weshalb man seinem Unternehmen die Treue hält, ist unterm Strich die Zufriedenheit. Ich habe mich bei OTB immer wohl gefühlt und das hat sich im Laufe der Jahre nicht geändert. Mich erfüllt die Tatsache, gebraucht zu werden und Teil eines Ganzen zu sein.
Wie bist Du zur OTB gekommen? Welche Ausbildung hast Du gemacht?
Über eine Nachbarin, deren Nichte in einem OTB Sanitätshaus gearbeitet hat, bin ich auf den Beruf und das Unternehmen aufmerksam geworden. Ich habe mich dann in der Orthopädietechnik Werkstatt der OTB in der Rungestraße in Berlin vorgestellt und wurde als eine von drei Lehrlingen eingestellt. Am Klinikstandort in Berlin-Buch habe ich dann den Beruf der Bandagistin gelernt. Diesen Ausbildungsberuf gibt es heute so nicht mehr, obwohl Bandagisten nach wie vor gebraucht werden. Nach 2 ½ Jahren Lehrzeit habe ich dann am 28.02.1978 meine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Am OTB Standort in der Berliner Allee in Berlin Weißensee habe ich dann meine berufliche Laufbahn begonnen. Den Standort gibt es übrigens immer noch, auch wenn sich viel verändert hat. Damals wurden hier hinten in der Werkstatt Leibbinden genäht und vorn im Laden Kompressionsstrümpfe ausgemessen.
Kannst Du Dich noch an Deinen allerersten Arbeitstag bei der OTB erinnern?
Ja, das kann ich. Wenn auch nicht mehr so deutlich. Begonnen hat alles mit einer Führung durch die orthopädische Werkstatt in Berlin-Buch.
Heute bist Du Fachbereichsleiterin für knapp 40 Sanitätsfachgeschäfte der GHD GesundHeits GmbH Deutschland. Wie kam es dazu, dass Du Dich für diesen Weg entschieden hast?
Nach meiner Ausbildung folgten über die Jahre viele Wechsel zwischen den Berliner Filialen der OTB. 1981 habe ich dann die Leitung der Filiale in der Kopenhagener Straße Berlin-Prenzlauer Berg und damit Verantwortung für drei Mitarbeiter übernommen. Es folgten viele Filialen. Die Letzte Station als Filialleiterin war die OTB Filiale am Kottbusser Damm. Mit einem Führungswechsel 2007 wurde bei der OTB für die Betreuung aller Berliner Filialen ein Mitarbeiter gesucht. Die Wahl fiel auf mich und so habe ich ab diesem Zeitpunkt zunächst 9 und kurze Zeit später 18 Berliner Filialen betreut.
Was bedeutet das? Was waren Deine Aufgaben?
Angefangen von der Ausstattung der Filialen, der Warenpräsentation bis hin zur Personaleinsatzplanung war ich für den reibungslosen Ablauf in den Filialen zuständig. Herausforderung dabei ist immer die zwischenmenschliche Beziehung. Man hat es mit vielen verschiedenen Charakteren zu tun, auf die man eingehen muss. Kommunikation und Vertrauen sind dabei unabdingbar. Ohne die Kolleginnen und Kollegen in den Filialen wäre ich schnell gescheitert. Erfolg stellt sich nur durch ein gutes Teamspiel ein.
OTB mit Sitz in Ostberlin hat nicht nur die eine große Wende mitgemacht. Aber was hat sich mit der Wiedervereinigung 1989 in Deinem Berufsleben verändert? Wie würdest Du die Zeit damals beschreiben?
In der DDR gab es zwar auch verschiedene Hilfsmittel, aber die plötzliche Vielfalt der Produkte und die zahlreichen Anbieter, erforderte ein diszipliniertes Lernen. Es war im Prinzip so, als würde man noch mal die Schulbank drücken. Auch der wirtschaftliche Aspekt, der den ständigen Wechsel zwischen Anbietern notwendig machte, war eine neue Erfahrung.
Als Kind hat man ja dann doch oftmals einen „alltäglicheren“ Berufswunsch. Gab es auch bei dir etwas, das du ursprünglich schon immer mal werden wolltest?
Ich litt schon immer am Helfersyndrom (lacht). Nein, im Ernst. Mein Wunsch war es immer schon, anderen Menschen helfen zu können. Und was, wenn nicht das, ist es, was ich täglich tue. Menschen mit Einschränkungen Mobilität und Selbstständigkeit zurückzugeben ist eine sehr gute Art sein Geld zu verdienen.
Was hat Dich 43 Jahre lang angetrieben? Was reizt Dich an Deiner Arbeit?
Wie schon gesagt, Menschen zu helfen, dass es ihnen besser geht ist der Ursprung meiner Entwicklung. Am Anfang meiner Karriere hätte ich mir jedoch nie vorstellen können, mich einmal in einer solchen Position wie heute wiederzufinden – in einem großen, erfolgreichen Konzern mit einer verantwortungsvollen Position und mit Führungsaufgaben für 94 Mitarbeiter. Jeder Tag ist eine Herausforderung. Wenn morgens um 6.30 Uhr das Handy klingelt, dann gibt es meist ein Problem zu lösen und das möglichst kurzfristig. Meine Arbeit besteht aus Geben und Nehmen und mir ist es wichtig, dass die Kolleginnen und Kollegen Vertrauen haben, dass Sie sicher sein können, Ihr Anliegen wird ernst genommen. Man kommt viel weiter, wenn man gemeinsam nach Lösungen sucht, als wenn man sie Menschen aufzwingt.
Hast Du jemals darüber nachgedacht, doch noch mal etwas anderes zu machen?
Eigentlich nicht.
Auf was hättest Du in den 43 Jahren gut und gern verzichten können?
Da gibt es bestimmt einiges, aber grundsätzlich hat jedes Erlebnis mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Ich fühle mich wirklich wohl.
Kommen wir zur Gegenwart. Wie würdest du dein aktuelles Arbeitsumfeld – auch mit Blick auf die Zugehörigkeit zur GHD GesundHeits GmbH Deutschland – beschreiben?
Durch die Homecare-Teams und die Erweiterung des Angebotes tun sich ganz neue Möglichkeiten auf. Unserem Kunden, um dessen Gesundheit es meist sowieso schon nicht zum Besten steht, kann nun eine nahezu allumfassende Versorgung angeboten werden – mehr Service geht fast nicht. Vielen Kunden ist das immer wiederkehrende, vertraute Gesicht wichtig. Nicht immer wieder ein neuer Ansprechpartner, dem man seine Krankheitsgeschichte erläutern muss.
Meine Arbeit beschränkt sich heute nicht mehr nur auf Berlin. Auch für die Sanitätsfachgeschäfte in Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Brandenburg trage ich Verantwortung. Das bedeutet natürlich viel reisen und weniger Zeit für die einzelne Filiale.
Das klingt nach viel Arbeit. Ich kenne Dich ja schon einige Jahre und habe Dich noch nie aufbrausend oder wütend erlebt. Was ist Dein Geheimnis?
Ja, ich bin ein Gemütsmensch. Es kommt nie vor, dass ich auf den Tisch haue. Irren ist menschlich und Fehler macht jeder. Sich diese einzugestehen ist nicht immer einfach, aber wichtig. Ausgleich zum stressigen Alltag finde ich bei meinen Kindern und Enkelkindern, mit denen ich gerade an den Wochenenden sehr viel Zeit verbringe.
Hast Du Wünsche für die Zukunft?
Am 31. Dezember werde ich 60 Jahre alt. Auch wenn ich mich nicht so fühle, wünsche ich mir in erster Linie, Gesundheit und Kraft für die Herausforderungen, die mein Beruf mit sich bringt.
Liebe Angela, das wünschen wir Dir natürlich auch.
Herzlichen Dank für das offene Gespräch.
