Moin ihr Lieben,
eigentlich war für mich das Thema Wasserrettungsdienst an der Küste schon abgehakt, aber manchmal passieren überraschende Dinge. Ob ich mit Stoma an die Ostsee fahren kann oder nicht, habe ich schon einmal berichtet. Hierzu gibt es sogar ein kleines Sommer-Spezial aus dem Jahr 2018 auf dem GHD-Kanal bei YouTube. Am Timmendorfer Strand habe ich da nur positive Erfahrungen gemacht. In meiner Zeit dort hatte ich viele Einsätze mit unterschiedlichen Anforderungen. Vom Pflaster kleben bis hin zur Hinterbliebenen-Betreuung war alles dabei. Das war für mich nicht nur eine körperliche Herausforderung, sondern auch eine seelische, die ich allerdings bewältigen konnte. So habe ich mich auf das nächste Jahr gefreut und dort auch wieder meinen Wasserrettungsdienst gemacht. Dass es mir mit Stoma möglich ist, die Herausforderungen und Anforderungen zu meistern, hätte ich vorher nie gedacht, aber es funktioniert. Auch dank einer super Wachmannschaft und das nicht nur an der Ostsee, sondern auch in Hamburg. In Hamburg durfte ich dann auch 2020 meinen Wachführer machen und so nun auch ganz offiziell eine Wachmannschaft leiten und führen.
Leider war es mir dann im Jahr 2020 nicht möglich, in den Wasserrettungsdienst zu gehen. Die Pandemie hat es nicht erlaubt wegen der vielen Menschenkontakte, egal, ob mit der eigenen Mannschaft oder den Patienten. Das Risiko einer Ansteckung war einfach zu hoch und einen eigenen Schutz gab es noch nicht. Am Timmendorfer Strand und Scharbeutz sind wir in der Regel um die 60 Wachgänger, das Risiko wollte ich nicht auf mich nehmen und so blieb ich zu Hause. Jetzt im Jahr 2021 sah für mich die Situation nicht wirklich anderes aus und ich wollte nicht an die Ostsee fahren. Zwar bin ich geimpft, aber ich nehme auch ein Medikament, welches die Wirkung der Impfung herabsetzen kann. Einen tödlichen Verlauf wird die Impfung vermeiden, aber ich wollte einfach noch testen lassen, wie weit der Impfstoff bei mir wirkt. So war meine Entscheidung klar getroffen: dieses Jahr kein Wasserrettungsdienst.
Und dann passierte das unglaubliche. Eine Freundin schrieb mich an und fragte, ob ich für eine Woche unterstützen kann, es fehlt ein Wachgänger. Nun hieß es die Rahmenbedingungen genau anzuschauen und zu überlegen, ob es richtig ist, das zu machen. Die Wache liegt an der Ostsee in Schönhagen und ist nur mit sechs Personen besetzt. Hier kommt es auf jeden einzelnen an. Allerdings ist hier das Ansteckungsrisiko geringer als bei 60 Personen. Alle sechs sind vollständig geimpft, was das Risiko weiter senkt. Was mir auch wichtig ist, sind Tests, egal ob man geimpft ist oder nicht. Virenträger können immer noch alle sein. Aber wer weiß das denn alles schon so genau, Virologe bin ich nicht und ich kenne auch keinen. Meine eigene Gesundheit ist es mir aber wert, so vorsichtig zu sein und die Tests weiterzumachen. Zum Glück sieht es auch die dortige Wachmannschaft so. Gäste durften nicht in die Unterkunft und Wachgänger auch nur mit einem Test, den wir direkt vor der Tür gemacht haben. Erst wenn das Ergebnis vorlag, durfte man eintreten. Patienten werden draußen behandelt, hierfür wurde extra ein Sichtschutz errichtet. Für schwere Fälle steht der Sanitätsraum weiter zur Verfügung. Wir tragen auch weiterhin im Patientenkontakt Handschuhe und FFP2-Masken. So waren die Vorgaben und es wurde sich auch daran gehalten.
Ich habe mich also für den Wasserrettungsdienst in Schönhagen entschieden. Die Zahlen waren in der Woche aber auch besonderes gering, auch ein Faktor, den ich immer noch berücksichtige bei dem, was ich mache. Ich habe die Woche am Strand sehr genossen. Die Einsätze waren immer klein und gingen über Verbände mit Schnittverletzungen nicht hinaus. So konnte ich alle entspannt draußen behandeln und ggf. weiter zum Arzt schicken. Meine Aufgabe war die Woche nämlich genau die eines Sanitäters, so konnte ich viele Pflaster kleben. Die Stimmung war auch super und ich habe jeden einzeln Tag genossen, auch wenn das Wetter nicht perfekt war. Das Wetter machte aber dann auch die Pausen möglich und so kam ich weniger erschöpft von der Ostsee nach Hause als sonst vom Timmendorfer Strand. Nächstes Jahr möchte ich wieder nach Schönhagen, das ist viel entspannter. Aber mein Mann mag es doch eher mit mehr Action, vielleicht gibt es auch ein Wiedersehen am Timmendorfer Strand, man wird es sehen. Ich war auf jeden Fall sehr froh, wieder ein wenig Alltag zu haben und mein Hobby wieder leben zu können. Die Woche hat mir viel Kraft gegeben und ich werde so weiter machen. Immer wieder das Risiko abschätzen und dann entscheiden, ob es möglich ist oder nicht. Euch wünsche ich ein glückliches Handling mit der Situation und das ihr für euch die richtige Entscheidung trefft. Die Waagschale zwischen zu Hause bleiben und rausgehen ist nicht immer leicht in Balance zu halten. Wie viel Risiko ist gut und wann doch lieber nein sagen? Es ist doch immer auch das eigene Bauchgefühl, hier wünsche ich euch ein gesundes und gutes Bauchgefühl.
Bleibt gesund und genießt dennoch euer Leben! Eure Melli